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Wahlpropaganda der Greenwashing-Industrie: „Das Generationen-Manifest“

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Was kommt dabei heraus, wenn neogrüne Unternehmer im Schatten einer kommenden Bundestagswahl Agendasetting betreiben? Die definitive Antwort für 2013: Claudia Langers „Generationen-Manifest„!

Grüne Kapitalisten

Besagtes, in einer großen Tageszeitung annonciertes Manifest ist im wesentlichen ein Forderungskatalog der „grünen“ Aktiengesellschaften und Unternehmervereinigungen an die Politik. Unter den 30 Erstzeichnern finden sich folglich Menschen wie der Fondsmanager Leo PröstlerFritz Lietsch, Herausgeber der ECO-World, einem Branchenbuch für Öko-Marketing, Investment und Wirtschaft, sowie Felix Finkbeiner, seines Zeichens Werbemaskottchen, „Umweltaktivist“ und Unternehmersohn.

Reich vor Arm

Das Manifest besteht aus einer Art Präambel, an die sich 10 Warnungen und 10 Forderungen schließen, welche an alle im Bundestag vertretenen Parteien und die Bundesregierung gerichtet sind. Initiatoren und Zeichner möchten so ihre Unzufriedenheit und Sorge über den derzeitigen Zustand und die mögliche Zukunft der Gesellschaft zum Ausdruck bringen.

Wir erleben eine mutlose Politik, die sich versteckt und sich wieder und wieder von Lobbyinteressen vorführen lässt. Worte wie „alternativlos“ haben uns erschreckt und aufgeweckt. Wir glauben und wissen, dass es Alternativen gibt und wollen uns dafür engagieren.

(Präambel)

Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass, obwohl sich die Initiative scheinbar ausdrücklich gegen die von Bundeskanzlerin Angela Merkel als „alternativlos“ proklamierte Politik wendet, das Manifest trotzdem die Kernforderungen dieser „alternativlosen“ Politik minutiös nachbetet.

Die Politik der Gegenwart lädt riesige Schuldenberge auf die Schultern unserer Kinder und Enkel. Selbst in Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen wird das Staatsdefizit weiter erhöht statt abgebaut und damit der Handlungsspielraum der nächsten Generationen dramatisch beschnitten.

(Warnung Nr.4)

Der Ruf nach Abbau von Staatsschulden, versehen mit der Begründung, dass ja kein Einnahmeproblem vorliege („sprundelnde Steuereinnahmen“), ist in allen im Bundestag vertretenen Parteien – ausgenommen die Partei Die Linke – seit langem Konsens. Die Forderung nach Abbau der Staatsschulden bedeutet in diesem Kontext das Kürzen staatlicher Leistungen. Eine solche Politik trifft unweigerlich diejenigen am härtesten, die am drigendsten auf staatliche Leistungen angewiesen sind – die Bezieher von geringen Renten, die Arbeitslosen, die prekär Beschäftigten, und nicht zuletzt deren Kinder.

Nutznießer sind demgegenüber die Eigentümer von Staatsanleihen, also das reichste Fünftel der Bevölkerung. Diese Minderheit hat ein Interesse an der Minimierung ihres Investitionsrisikos. Der Staat soll seine Kreditwürdigkeit unter Beweis stellen, indem er seine Ausgaben zurückfährt – auf Kosten der Mehrheit. Die Initiatoren des Manifests verlieren über diesen Zusammenhang kein Wort, fordern gleichzeitig aber an anderer Stelle offen staatliche Subventionen ein:

Die Bekämpfung des Klimawandels muss als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen werden. Ein zu Beginn der neuen Legislaturperiode verabschiedetes Klimaschutzgesetz muss die Grundlage dafür bieten. Wenn Europa und Deutschland beim Klimaschutz und bei der Markteinführung von Klimaschutztechniken vorangehen, werden andere – schon aus Wettbewerbsgründen – folgen.

(Forderung Nr.1)

Die Energiewende muss aktiv vorangetrieben werden, und zwar sowohl als “grüne” Energieerzeugungs-, als auch als Energiesparwende.

(Forderung Nr.2)

Staatliche Ausgaben zu erhöhen, ist also nur dann vertretbar, wenn „die Richtigen“ davon profitieren. Dazu später mehr.

Jung gegen Alt

Der Generationenvertrag wurde einseitig aufgekündigt. Die Generation der Eltern und Großeltern betreibt fahrlässige Besitzstandswahrung auf Kosten ihrer Kinder und Enkel.

(Warnung Nr.10)

Auch diese Losung ist altbekannt und eine bloße Wiederholung der Position der Bundesregierung. Es handelt sich hier um die Nachbetung des Mantras vom demographischen Wandel, und also der zunehmenden Unbezahlbarkeit von sozialstaatlichen Leistungen, bzw. von Rentenzahlungen in einem umlagefinanzierten System. Die dem Mantra zugrundeliegende Theorie geht davon aus, dass die deutsche Bevölkerung schrittweise überaltert, und folglich das umlagefinanzierte Rentensystem in die Knie gezwungen werden wird, da immer weniger junge Menschen immer mehr Rentner zu versorgen hätten.

Die junge, arbeitende Bevölkerung verliere so einen immer größeren Teil ihres Arbeitseinkommens an die Rentner. Dies sei „Besitzstandsverwahrung“, und grob ungerecht, so das Generationen-Manifest. Die Bedeutung des Faktors „Produktivität“ für ein umlagefinanziertes System  erwähnen die Initiatoren in diesem Kontext jedoch ebenso wenig, wie die wichtige Tatsache, dass die emsigsten Verfechter dieser kruden Theorie immer schon die Anbieter von privaten Altervorsorgeverträgen gewesen sind.

Linke Rethorik, rechte Politik

Bald zehn Jahre ist es her, dass die rot-grüne Agenda 2010 eine breite Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung endgültig in Bittsteller und Menschen zweiter Klasse verwandelt hat. Eine weitere „Gürtel-enger-schnall-Predigt“ erfolgreich zu vermitteln, muss nicht nur deshalb schwer fallen. Zustimmung ist mit solchen Losungen nicht mehr zu erringen.

Deshalb muss die böse Botschaft in einer annehmlichen Verkleidung daher kommen. Sie muss verkauft, und die Bevölkerung getäuscht werden. Die Initatoren des Generationen-Manifests, allen voran Unternehmerin Claudia Langer, die ihr Gesicht auch gerne mal für Greenwashing-Propaganda hinhält, wissen, wie das funktionieren kann. Man bedient sich schlicht bei den Linken.

Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert. Die Regierenden lassen sich von der Finanzindustrie vorführen und missachten die Interessen der Bürgerinnen und Bürger.

(Warnung Nr.5)

Wir fordern eine Reform und strikte Regulierung der privaten Finanzwirtschaft. Banken sind Diener der Wirtschaft und der Bürger, nicht ihre Herrscher. “Systemrelevante” Banken nehmen eine ganze Gesellschaft in Geiselhaft. Deshalb ist die Begrenzung von Bankenmacht unabdingbar. Das Verursacherprinzip muss auch im Finanzsektor zur Geltung gelangen.

(Forderung Nr.5)

Wir fordern soziale Gerechtigkeit in Deutschland. Von Politik und Wirtschaft müssen wir energisch verlangen, dass Armut und mangelnde Chancengleichheit überwunden werden.

(Forderung Nr.6)

Freilich verhütet man es, hier konkrete Gesetzesänderungen vorzuschlagen.

Alles Gute kommt von oben

Der auffälligste Aspekt aber ist der fundamental antidemokratische Geist, der das Manifest, bzw. seine Initiatoren und Mitzeichner beseelt. Die Präambel beginnt mit folgenden Worten:

Wir sind die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes.
Wir sind die Politik. Wir sind die Wirtschaft.
Wir sind jung und alt, arm und reich, mächtig und ohnmächtig,
Väter, Mütter, Söhne, Töchter, Enkel und Großeltern.

In Anbetracht der vorangegangenen Untersuchung stellt sich die Frage, wer genau eigentlich mit „Wir“ gemeint sein kann. Wer also sind die Bürgerinnen und Bürger, von dem das Manifest spricht? Wer sind diejenigen, auf die es letzlich ankommen soll? Die Armen und Alten können es nicht sein, auch nicht die Ohnmächtigen. Es bleiben also übrig die Jungen, die Dynamischen, die Reichen, die Politik und die Wirtschaft. Sie sind es, die die Bürgerschaft im eigentlichen Sinne, im Sinne des Manifests bilden. Die Übrigen sind bloße Untertanen.

Wir fordern unser Recht auf Beteiligung und Mitsprache ein.
Wir Bürgerinnen und Bürger wollen uns aktiver an Entscheidungsprozessen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft beteiligen. Wenn Politik Demokratie nicht gefährden will, muss sie wieder begründen und vermitteln, was sie tut und warum. Wir fordern unsere Politiker auf, ihre Elfenbeintürme zu verlassen, den ernstgemeinten Diskurs mit dem Bürger zu suchen und auf dieser Basis Entscheidungen zu treffen. Die Wähler müssen wissen, was sie wählen und sich auf Politiker verlassen können.

(Forderung Nr.3)

Das Demokratieverständnis des Manifests ist keineswegs basisdemokratisch, auch wenn der erste Satz gegenteiliges vermitteln will. Das Glaubenkönnenmüssen an Autoritäten, an Führerschaft und Avantgarde stehen im Zentrum. In Elfenbeintürmen zu wohnen, ist demnach in Ordnung, solange die Politik erklärt und begründet, warum es Elfenbeintürme geben muss. Nicht der Bürger legt die Maximen politischen Handelns fest, sondern die Politik. Es ist an den fähigeren Klassen der Bevölkerung, Ziele und Werte zu setzen, und schließlich – notfalls gegen den Widerstand der Mehrheit – auch durchzusetzen („vermitteln“).

Dass das Manifest einerseits Sozialkürzungen für Benachteiligte und Hilfebedürftige akzeptiert, andererseits aber, wie gesehen, Subventionen für Unternehmen einfordern will, ist  somit folgerichtig, denn nur die Eliten können und sollen entscheiden dürfen. Die Zustimmung der Mehrheit ist in diesem Demokratiemodell weder nötig, noch erwünscht, oder wie es auf Claudia Langers Homepage in ihrem ganz persönlichen Generationenmanifest in § 8 „Wir, die >Man müsste Mal-Politiker< übernehmen Verantwortung“ heißt:

Unsere Legitimation ist die Sicherung und Gestaltung der Zukunft unserer Welt.

Written by leftwingedbastard

11. August 2013 at 16:47